2005 Kantonale Steuern 371
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79 Abzüge vom Reineinkommen; Kosten des Liegenschaftsunterhalts; Ersatzbaute (§ 39 Abs. 2 StG). - Die Kosten für die Erstellung eines Ersatzbaus sind nicht abziehbar.
20. Oktober 2005 in Sachen A. + M.M., RV.2005.50006/K 8478
Aus den Erwägungen
2. Die Rekurrenten sind seit vielen Jahren Eigentümer des von
ihnen bewohnten Wohnhauses mit angebauter Scheune. Das Wohn-
haus wurde vor einigen Jahren renoviert. An der Scheune waren vor
allem im Bereich Rückwand/Fundament durch den Wasserdruck vom
Hang Schäden entstanden. Ausserdem waren die Holzbalken und Bö-
den im oberen Bereich morsch geworden, so dass Einsturzgefahr be-
stand. Aus Kostengründen haben sich die Rekurrenten entschlossen,
die Scheune nicht etappenweise (vorerst nur Rückwand und Holz-
werk), sondern in einem Zug umfassend zu renovieren.
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Die Vorinstanz hat von den Aufwendungen von total
Fr. 348'146.-- (bzw. Fr. 362'851.-gemäss der Aufstellung der Rekur-
renten) lediglich Fr. 25'944.-- (vgl. dazu den LUK-Ausscheidungsbo-
gen der Sektion Grundstückschätzungen des KStA) als Liegen-
schaftsunterhalt zum Abzug zugelassen, weil Kosten von Ersatz-
bauten, welche an die Stelle renovationsbedürftiger Bauten treten
würden, gemäss der Rechtsprechung des Steuerrekursgerichts nicht
abzugsfähig seien.
Die Vertreterin beantragt, es seien von den Gesamtkosten von
Fr. 362'851.-gemäss der von den Rekurrenten vorgenommenen
Ausscheidung Fr. 143'259.-als Liegenschaftsunterhalt zum Abzug
zuzulassen; eventuell sei diese Aufteilung zu überprüfen.
3. a) Bei Liegenschaften im Privatvermögen können u.a. die
Unterhaltskosten abgezogen werden. Den Unterhaltskosten sind
Investitionen gleichgestellt, die dem Energiesparen und dem
Umweltschutz dienen, soweit sie bei der direkten Bundessteuer
abziehbar sind (§ 39 Abs. 2 StG). Als Kosten für den Unterhalt von
Liegenschaften gelten bloss die werterhaltenden Aufwendungen
(§ 24 Abs. 1 StGV).
b) Das Steuerrekursgericht hat in dem von der Vorinstanz im
Einspracheentscheid erwähnten RGE vom 25. März 2004 in Sachen
R. + U.W. folgendes ausgeführt:
"Die Kosten von Ersatzbauten, welche an die Stelle renovationsbedürftiger Bauten treten, sind nicht als Unterhaltskosten abzugsfähig. Nach dem Willen des Eigentümers werden die alten Bauten abgebrochen; durch die Errichtung neuer Bauten wird ein neuer Wert geschaffen. Der Steuerpflichtige will gar nichts unterhalten, sondern vielmehr bestehende Wirtschaftsgüter durch neue ersetzen. Dass die Neubaute an die Stelle einer abgebrochenen Baute tritt und deren Zweckbestimmung zu übernehmen hat, vermag daran nichts zu ändern (RGE vom 24. Januar 2002 in Sachen R. + C.B. mit Hinweis auf Baur/Klöti/ Koch/Meier/Ursprung, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, MuriBern 1991, § 24 aStG N 267; B. Zwahlen, Die einkommenssteuerrechtliche Behandlung von Liegenschaftskosten, Basel 1986, S. 109 und 119). Die Erstellung einer Ersatzbaute stellt begrifflich niemals Unterhalt dar, weshalb deren Kosten nicht als abziehbare Unterhalts-
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kosten betrachtet werden können (BGE vom 30. März 1999 in Sachen W., in: die neue Steuerpraxis 1999, S. 99 ff.; StR 2002 S. 504; BVR 2000 S. 11 ff.)." Diese Ausführungen basieren u.a., wie zitiert, auf dem Ent-
scheid des Bundesgerichts vom 30. März 1999 in Sachen W.. Darin
wird folgendes ausgeführt:
"Im Fall der Beschwerdeführer ist das Gebäude jedoch untergegangen, wodurch eine Wertvermehrung Werterhaltung daran ausgeschlossen war. Die Erstellung eines Ersatzbaus ist schon begrifflich kein 'Unterhalt' des untergegangenen Gebäudes, und dementsprechend kön- nen die Wiederaufbaukosten auch keine 'Unterhalts'-Kosten sein. Wo der Wiederaufbau eines Gebäudes einem Neubau gleichkommt, bleibt für eine Ausscheidung in wertvermehrende und werterhaltende Aufwendungen zum vornherein kein Raum. Die Erstellungskosten für den Neubau eines Hauses (im Privatvermögen) sind kraft Art. 34 DBG nicht abziehbare Anlagekosten, und zwar vollumfänglich. Dabei ist nach der gesetzlichen Konzeption unerheblich, ob das Gebäude erstmals neu erstellt wird oder, wie hier, ein altes ersetzt und mit diesem baugleich ist. Unerheblich ist auch, aus welchem Grund das vorbestehende Gebäude untergegangen ist, ob es vom Eigentümer abgebrochen durch Brand ein Naturereignis zerstört wurde." Und weiter:
"Im Gegenteil kann darauf verwiesen werden, dass das Bundesgericht in einem Fall, bei dem die Renovation eines Gebäudes (Altstadtliegenschaft) umfangmässig ebenfalls einem Neubau gleichkam, die gesamten Kosten des Ausund Umbaus als nicht abziehbare Anlagekosten im Sinn von Art. 23 BdBSt qualifizierte (BGE 103 Ib 197 E. 3b, S. 201)." Obwohl dieses Urteil des Bundesgerichts in der Literatur (ohne
Begründung) als unrichtig bezeichnet wird (F. Richner / W. Frei /
S. Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 32 DBG
N 33), sieht sich das Steuerrekursgericht nicht veranlasst, davon und
von seiner darauf beruhenden, bisherigen Rechtsprechung abzuwei-
chen (vgl. auch Merkblatt "Liegenschaftsunterhalt" des KStA, gültig
ab 2003, Ziff. 3.3, wonach u.a. Kosten für Abbrüche und Ersatzbau-
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ten nicht abzugsfähig sind). Die Rechtsprechung betreffend
Abzugsfähigkeit der Kosten von Ersatzbauten basiert also nicht, wie
von der Vertreterin der Rekurrenten bemängelt, (lediglich) auf einem
Entscheid aus dem Jahre 1949 (vgl. dazu Kommentar zum Aargauer
Steuergesetz, 1. Auflage, Muri-Bern 1991, § 24 aStG N 267). Sie ist
auch auf Fälle anwendbar, wo die Steuerpflichtigen, wie vorliegend,
langjährige Eigentümer der betroffenen Baute sind und letztere frei-
willig (z.B. um, wie vorliegend, einen Einsturz zu vermeiden) abge-
brochen wurde. Nicht zutreffend ist die Auffassung, dass die Rekur-
renten im Sinne einer rechtsgleichen Behandlung erwarten dürfen,
dass sie steuerlich nicht schlechter behandelt werden, als bei einer
etappenweisen Renovation der Scheune, wo die Kosten zum Abzug
zugelassen worden wären. Dass beim Abbruch und gleichzeitigen
Ersatz von einzelnen Bauteilen eines Gebäudes die Aufwendungen
als Unterhaltskosten zu qualifizieren wären, sofern sie der Werter-
haltung des Gebäudes dienen, stellt keine unzulässige Ungleich-
behandlung dar (StE 2004 B 25.6 Nr. 52 betreffend Abbruchkosten).
Obwohl das Endergebnis das gleiche ist, ist es oft so, dass
unterschiedliche Wege zu einer unterschiedlichen steuerrechtlichen
Beurteilung führen (vgl. z.B. RGE vom 17. Februar 2005 in Sachen
P. + Y.L., wonach die etappenweise energietechnische Sanierung von
bestehenden Gebäuden im Vergleich zur Isolierung von Neubauten
steuerlich privilegiert wird; RGE vom 30. August 1995 in Sachen
J. + R.S., wo die Kosten für den Einbau eines Kachelofens im
Rahmen eines Neubaus, jedoch nicht gleichzeitig mit der konven-
tionellen Heizung, sondern nachträglich zu deren Ergänzung, zur
Hälfte zum Abzug zugelassen wurden, obwohl das bei einem zeit-
gleichen Einbau nicht der Fall gewesen wäre). Ausserdem ist eine
umfassende Sanierung in einem Zug im Vergleich zu einer etappen-
weisen Sanierung günstiger.
c) Im vorliegenden Fall wurden in einem Zug der Unterbau wie
auch der Heuboden und das Dach der Scheune renoviert bzw. ersetzt.
Diese Gebäudeteile waren alt und morsch und auch das Mauerwerk
war längerfristig nicht mehr tragfähig. Gemäss den Ausführungen
des Rekurrenten handelte es sich "im wesentlichen um den Ersatz
eines bestehenden Gebäudes...". Auch wenn der Verwendungszweck
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der (neuen und vergrösserten) Scheune der gleiche ist wie vorher, hat
die Vorinstanz gestützt auf die dargelegte Rechtsprechung zu Recht
die Aufwendungen für die Erstellung der Ersatzbaute grundsätzlich
nicht zum Abzug zugelassen.